Erster Parlamentarischer Geschäftsführer

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Johannes Vogel
Pressemitteilung

VOGEL-Interview: Söder war ein großer Putin-Kuschler

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Johannes Vogel gab dem „Münchner Merkur“ (Mittwochsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Mike Schier.

Frage: Herr Vogel, wie würden Sie das Klima in der Koalition beschreiben: entspannt, angespannt oder überspannt?
 
Vogel: Anspannung entsteht durch die internationale Lage. In dieser Koalition sind drei unterschiedliche Parteien zusammengekommen, die weder fusioniert noch geheiratet haben. Das darf auch sichtbar werden, solange wir gemeinsam viel fürs Land bewegen.
 
Frage: Was bewegen Sie denn?
 
Vogel: Die Vernachlässigung der Bundeswehr haben wir korrigiert. Die Planungsbeschleunigung für LNG-Terminals hat ein nie gekanntes Ausmaß, das müssen wir jetzt auf alle Infrastrukturen übertragen. Dazu kommt ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien. Entlastungen bei gleichzeitiger Einhaltung der Schuldenbremse. . .
 
Frage: Wahrgenommen werden vor allem die Debatten, so wie jetzt über die AKW-Laufzeiten. Wäre ein Deal mit einem Tempolimit nicht ein guter Kompromiss für alle Parteien?
 
Vogel: Es geht nicht um politischen Kuhhandel. Jede Partei muss an Schmerzgrenzen gehen, wenn es die Situation erfordert. Uns Liberalen fallen Schulden extrem schwer, dennoch haben wir das Sondervermögen Bundeswehr gemacht – weil es notwendig war. Genauso gilt das für andere Parteien: Die Streckung der AKW-Laufzeit ist in meinen Augen ein Baustein für den Winter. Ich kann doch keinem erklären, dass wir in der schwersten Energiekrise seit Jahrzehnten drei sichere und klimaneutrale Kraftwerke vom Netz nehmen und stattdessen lieber Kohlekraftwerke nutzen.
 
Frage: Wie geht’s jetzt weiter?
 
Vogel: Wir brauchen Fakten. Die Bundesnetzagentur macht einen erneuten Stresstest mit Blick auf die Stromversorgung. Und die muss in jedem Worst-Case-Szenario gesichert sein. Aber das ist nicht alles: Wir wissen immer noch nicht, wie viele Brennstäbe überhaupt noch genau in welchem Kraftwerk sind. Ich erwarte vom Wirtschafts- und Energieminister hier eine saubere und transparente Inventur.
 
Frage: Entschuldigung, das hätte man schon vor einem halben Jahr machen müssen.
 
Vogel: Die Frage, ob wir die Gasspeicher weiter füllen können, stellt sich jetzt. Und deshalb brauchen wir jetzt Antworten. Je eher und konzentrierter wir agieren, desto weniger sind wir in der Hand von Wladimir Putin. Wir brauchen noch im Sommer Klarheit.
 
Frage: Die CSU hadert mit der Wirkung der Sanktionen. Haben Sie Verständnis für die Überlegung?
 
Vogel: Nein. Die CSU sollte sich lieber die Frage stellen, welche Verantwortung sie dafür trägt, dass wir so schlecht vorbereitet in diesen Konflikt gegangen sind: Die Bundeswehr ist katastrophal ausgestattet. Die Abhängigkeit von russischem Gas wuchs unter Angela Merkel von circa 30 auf über 55 Prozent. Markus Söder war lange ein großer Putin-Kuschler und wollte sogar den Propaganda-Impfstoff Sputnik kaufen. Dass jetzt die CSU als erste die Geschlossenheit des Westens antastet, finde ich fatal.
 
Frage: Einspruch: Die ersten waren Linke und AfD.
 
Vogel: (lacht) Sagen wir: die ersten im demokratischen Spektrum. Ich bin daran gewöhnt, dass Markus Söder seine Überzeugungen wechselt wie Unterhosen. Aber die Lage ist zu ernst. Putin testet doch gerade die Handlungsfähigkeit des Westens. Da müssen wir stehen.
 
Frage: Was sagen Sie eigentlich aus „norddeutscher“ Sicht zu Markus Söders Vorwürfen, die Ampel würde systematisch den Süden benachteiligen?
 
Vogel: Also erstens bin ich Nordrhein-Westfale (lacht). Zweitens baut Markus Söder diese Verleumdung nur darauf, dass die Ampel bundesweit die Vergabe von Fördergelder überprüft. Der Vorwurf ist also Unsinn, genau wie vieles andere, was Söder gerade behauptet.
 
Frage: Ein anderes wichtiges Thema des Herbstes ist Corona. Die FDP versucht, ihr Profil zu wahren. Nun scheint sich aber Karl Lauterbach durchzusetzen.
 
Vogel: Es geht nicht ums Durchsetzen, sondern um einen angemessenen Umgang mit der Pandemie. Grundrechtseinschränkungen müssen wirksam und verhältnismäßig sein. Darauf pocht die FDP zurecht und weiterhin. Gleichzeitig ist klar, dass wir nicht so unvorbereitet in den Winter stolpern dürfen wie in den letzten beiden Jahren.
 
Frage: Ihr Fraktionschef Dürr sagt plötzlich, man müsse auch wegen der Grippe Maske tragen. Das heißt dann, dass wir künftig jeden Winter in Innenräumen Maskenpflicht haben.
 
Vogel: Nein, das hat Christian Dürr nicht gesagt. Unser Ziel muss sein, dass wir aus der Pandemie rausfinden und nicht künftig jeden Winter mit Maske rumlaufen. Der Maßstab für Maßnahmen kann nur sein: Droht das Gesundheitssystem überfordert zu sein? Da spielt natürlich eine Rolle, welche Herausforderungen ein Gesundheitssystem sonst noch diesen Winter hat, aber der auslösende Faktor ist und muss Corona sein. Warten wir die Vorschläge der Regierung doch einfach mal ab.

 

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