Dr. Florian Toncar
Pressemitteilung

TONCAR-Gastbeitrag: Warten macht die Krise schlimmer

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Florian Toncar schrieb für die „Welt“ (Freitagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Die Ausbreitung des Corona-Virus beherrscht die Schlagzeilen und zunehmend auch unser aller Alltag. Zurecht steht der Gesundheitsschutz in dieser akuten Krisenlage für Politik und Behörden an allererster Stelle. Doch auch an anderer Stelle findet ein Kampf gegen die Uhr statt: in der Wirtschaft.

Fast überall sorgen sich Unternehmen um den Ausfall von Mitarbeitern, ihre Lieferketten, die Bezahlung von Rechnungen und die Kreditversorgung. Sie stellen Investitionen zurück und stornieren Aufträge, sie versuchen, Rechnungen später zu bezahlen und liefern nur noch gegen Vorkasse. Es droht eine Abwärtsspirale in eine schwere Rezession. Bei schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft wird in der Politik gerne der Satz Ludwig Erhardts zitiert, Wirtschaft sei zu 50 Prozent Psychologie. Man solle die Lage nicht schlecht reden.

Diese Strategie mag in einem normalen Konjunkturabschwung funktionieren, nicht aber bei schockartig auftretender Unsicherheit. Dann ist es nur die entschlossene Tat, die wirkt. Und das gleich doppelt: real und psychologisch. Daher lohnt heute ein Blick auf den Umgang mit der Finanzkrise 2008: Noch unmittelbar vor der Lehman-Pleite erklärte der damalige Finanzminister Steinbrück die Subprime-Krise zu einem rein amerikanischen Problem. Kurz darauf hatte die Hypo Real Estate angeblich nur ein Liquiditätsproblem, das sich mit Bürgschaften beruhigen lasse. Es folgte der heute verklärte (in Wahrheit erfolglose) Versuch von Merkel und Steinbrück, die Lage mit Worten zu beruhigen, mit einem Bekenntnis zur Sicherheit von Spareinlagen. Die Politik stolperte der immer weiter eskalierenden Krise hinterher, stets einen Schritt zu spät. Erst das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und milliardenschwere Konjunkturprogramme brachten die Wende – echte Taten also.

Leider droht die Bundesregierung auch heute der Krise hinterher zu stolpern. Sie hat Verbesserungen bei Kurzarbeit, Planungsrecht und öffentlichen Investitionen bis 2030 in Aussicht gestellt. Alles sinnvoll, aber es bleibt dramatisch hinter dem zurück, was unser Land jetzt braucht:

In Phase 1 muss schnell der Teufelskreis aus wegbrechender Wertschöpfung und schwindendem Vertrauen durchbrochen werden. Den Unternehmen sollte für ein Quartal die Mehrwertsteuer und die Vorauszahlung der Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer gestundet werden, damit sie zahlungsfähig bleiben. Das kann der Bund finanziell verkraften. In Phase 2 steht dann gezielte Hilfe für besonders betroffene Unternehmen an, die im Kern gesund sind, etwa durch erleichterte Bürgschaften der Förderbanken. In Phase 3 schließlich muss an einer dauerhaften wirtschaftlichen Erholung gearbeitet werden: Unternehmenssteuerreform, Abschaffung des Soli, Stärkung des EU-Binnenmarktes, Beschleunigung von Planungsverfahren, Gesundung des Finanzsektors.

Durchhalteparolen vom sorgfältigen Beobachten, langsamen Vorantasten oder vom Trockenhalten des Pulvers müssen ein Ende haben. Nur wenn die Regierung einen Plan hat, was kurz-, mittel- und langfristig zu tun ist und diesen Plan als Ganzes kommuniziert, wird sich der wirtschaftliche Absturz vermeiden lassen. Zuwarten und Zögern macht die Krise nur schlimmer, länger und teurer.

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