Wolfgang Kubicki
Pressemitteilung

KUBICKI-Interview: Offener Diskurs ist für freiheitlich-demokratische Grundordnung konstituierend

Das FDP-Fraktionsvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki gab der „B.Z. am Sonntag“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Ulrike Ruppel:

Frage: Ist die Meinungsfreiheit in Gefahr?

Kubicki: Nein, weil der Staat nicht Einfluss nimmt auf die Meinungsbildung. Aber immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass die freie Debatte eingeschränkt wird durch die Einordnung von Meinungen in Gut und Böse. Haltungsfragen spielen eine immer größere Rolle. Zuweilen werden Äußerungen mit einer Wucht denunziert, die für den Absender existenzgefährdend wird. Das macht den Menschen Angst und deshalb sagen sie manche Dinge nicht, weil sie nicht als Rassist oder Rechter, als Frauenfeind oder Klimaleugner hingestellt werden wollen.

Frage: Müssen wir uns sorgen?

Kubicki: Ja, weil das Bundesverfassungsgericht immer wieder betont hat, dass der offene Diskurs für die freiheitlich-demokratische Grundordnung konstituierend ist. Eine Gesellschaft, in der Meinungen nicht mehr frei ausgetauscht werden, entspricht nicht den Vorstellungen des Grundgesetzes. Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen allein in den Strafgesetzen.

Frage: Welche Rolle spielt politischer Aktivismus?

Kubicki: Wir leben in einer Zeit, in der sich viele Gewissheiten auflösen. Die Menschen suchen nach Sinnstiftung. Und wenn sie etwas gefunden haben, glauben sie, sie müssen das durchsetzen. Aber das demokratische Gemeinwesen ist darauf ausgelegt, dass alle gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Niemand ist im Besitz letzter Wahrheiten. Niemand hat das Recht, sich über andere zu erheben. Und niemand, der glaubt, er rettet das Klima oder er folgt Gottes Ruf, kann anderen vorschreiben, was sie denken, sagen oder tun sollen.

Frage: Was tun?

Kubicki: Einfach offener reden. Ich fordere alle immer dazu auf, ihre Meinung zu äußern. Und wir müssen sie auch ertragen, selbst wenn sie eklig ist. Man darf in Deutschland straflos sagen, dass man keine weiteren Migranten in der Nachbarschaft haben will. In Berlin hieß es ja auch, man wollte keine Schwaben mehr. Fand auch keiner rassistisch. Jedem muss allerdings klar sein, dass er Widerspruch ertragen muss. Ich empfehle, dass wir viel cooler werden und mit dem umgehen, was wirklich gemeint ist. Denunzierungen wie Rassismus und Sexismus dienen leider manchmal auch dazu, sich vor der Argumentation zu drücken.

Frage: Was sagen Sie zur Posse um den Asylantrag des libanesischen Clan-Chefs Miri?

Kubicki: Zunächst einmal sehe ich ein komplettes Versagen der Sicherheitsbehörden in Europa. Dieser Straftäter hatte ja schengenweit Einreiseverbot! Dann hat er sich durch Schleuser herbringen lassen, was ebenfalls eine Straftat ist. Aber er hatte das Recht, Asyl zu beantragen, der Antrag musste bearbeitet werden. Vielleicht sollten wir die Rechtslage für solche Fälle verändern. Aber das geht nur über die Verfassung.

Frage: Sie wollen ran ans Grundgesetz?

Kubicki: Das Individualrecht auf Asyl in Artikel 16a müsste man gar nicht anfassen. Es würde reichen, Artikel 18 zu erweitern. Gemäß diesem Artikel kann das Bundesverfassungsgericht die Verwirkung von Grundrechten feststellen, wenn man sie zum Kampf gegen unsere Grundordnung missbraucht. Selbst die UN-Menschenrechtskonvention erlaubt, Menschen auszuweisen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden. Vielleicht muss man diese Klarstellung im Grundgesetz verankern. Herr Miri macht sich lustig über unseren Rechtsstaat. Das kann man als Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verstehen.

Frage: Wird der Rechtsstaat zur Farce?

Kubicki: Das dürfen wir nicht zulassen, da müssen wir eine Null-Toleranz-Strategie fahren. Stattdessen höre ich, dass man im Görlitzer Park Zonen für Dealer tolerieren wollte. Das ist Anstiftung oder Beihilfe zu einer Straftat! Wenn das nochmal passiert, erstatte ich Anzeige. Ich sehe, dass der rot-rot-grüne Senat Demokratie und Rechtsstaat in Teilbereichen aushöhlt. Davor kann ich nur warnen. Wenn man zulässt, dass linke Chaoten die Rigaer Straße zur rechtsfreien Zone erklären und Polizisten attackieren, darf man sich nicht wundern, wenn Rechtsradikale andernorts dasselbe tun. Wenn sich das aufschaukelt, haben wir irgendwann Verhältnisse wie in der Weimarer Republik – die ja nicht an den Extremisten gescheitert ist, sondern an der mangelnden Bereitschaft der Demokraten, die Demokratie zu verteidigen.

Frage: Aber unsere Regierung fetzt sich um die Grundrente.

Kubicki: Das sachliche Thema ist doch längst zu einem taktischen geworden. Macht Olaf Scholz noch einen Punkt? Das haben die Menschen so satt. Es ist ihnen egal, wer in der Sandkiste welches Förmchen hat. Sie wollen Lösungen. Die GroKo ist dabei, das Vertrauen in die demokratischen Spielregeln zu unterlaufen. Das ist eine Riesengefahr!

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