Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Gastbeitrag: AKK zeigt, dass sie nicht im Amt angekommen ist

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:

Wenn sich heute die Verteidigungsminister der NATO in Brüssel treffen, wird Annegret Kramp-Karrenbauer in viele fragende Gesichter blicken: Die Außenpolitik Deutschlands ist unseren Partnern und Verbündeten rätselhaft. Zwar kann man nur befürworten, wenn Deutschland endlich zu einer aktiven Außenpolitik kommt, dann aber bitte abgestimmt, präzise und vorausschauend. In einem Wort: professionell. Bedauerlicherweise beweist die Bundesverteidigungsministerin gerade das Gegenteil.

So ist Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorschlag für die Einrichtung einer Schutzzone in Nordsyrien vorgeprescht, ohne die Koalitionspartner SPD und CSU, darunter wohlgemerkt das bei dem Thema federführende Außenministerium, einzubinden. Außenminister Maas ist zurecht verärgert, wenn er lediglich per SMS über Kramp-Karrenbauers Vorschlag informiert wurde. Man fragt sich, ob dies einfach nur Unvermögen war oder bewusst einen Koalitionskrach erzeugen sollte. Eine UN-Blauhelmmission fordert die FDP-Fraktion seit langem.

Auch im Detail kann Kramp-Karrenbauer nicht überzeugen. Erst verwechselte sie Nordsyrien mit dem Nordirak, dann sprach sie von einer völkerrechtswidrigen Annexion durch die Türkei. Das ist schlichtweg falsch. Wer sich in der internationalen Politik bewegt, muss präzise sein und die Unterschiede zwischen einer „militärischen Operation“, einer „dauerhaften Besatzung“ und einer „Annexion“ von Gebieten kennen.

Zudem könnte der Zeitpunkt des Vorschlags nicht schlechter sein. Vor einigen Wochen oder Monaten wäre er unter Umständen umsetzbar gewesen. Aber inzwischen hat US-Präsident Trump seine Truppen aus Nordsyrien abgezogen. Und der US-Verteidigungsminister hat bereits signalisiert, dass die USA sich nicht an einer möglichen Schutztruppe beteiligen würden. Gleichzeitig haben die Präsidenten Putin und Erdogan mit ihrem gestern beschlossenen 10-Punkte-Plan Fakten geschaffen.

Dieser beinhaltet, dass syrische Grenzschutzeinheiten und russische Militärpolizisten an der syrisch-türkischen Grenze stationiert werden. Die kurdische YPG-Miliz soll sich in den kommenden 150 Stunden in einem Korridor von 440 Kilometern bis auf 30 Kilometer von der Grenze zurückziehen. Damit machen Putin und Erdogan die Zukunft Nordsyriens unter sich aus und werden aller Voraussicht nach die Entsendung einer UN-Blauhelmmission blockieren. Dazu muss Russland einfach nur seine Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat ausspielen.

Alles in allem bleibt angesichts der ernsten und tragischen Lage in Syrien der bittere Beigeschmack, dass die Verteidigungsministerin nicht aus außenpolitischen Motiven gehandelt hat, sondern aus parteipolitischen. Zum Ende ihrer ersten 100 Tage im Amt wollte Kramp-Karrenbauer ihre Entschlossenheit, Tatkraft und Kompetenz beweisen und damit ihre Kritiker besänftigen. Das Gegenteil ist der Fall. Ihr Vorschlag und die Art und Weise, wie sie ihn vorgebracht hat, beweist viel eher, dass sie noch lange nicht angekommen ist. Das ist bedauerlich – für Syrien und für Deutschlands Außenpolitik.

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