Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff Christian Lindner
Pressemitteilung

LINDNER/LAMBSDORFF-Statement: Wir wollen diejenigen sanktionieren, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner und der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gaben vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:

LINDNER: „[…] Heute findet der Autogipfel statt. Die Situation der Branche ist besorgniserregend, die Situation der Branche war auch vor Corona schon besorgniserregend. Über eine lange Zeit haben wir in unserem Land eine systematische Politik gegen die individuelle Mobilität mit dem Auto erlebt. Da ging es auch aus ideologischen Gründen um einseitige Fixierung auf einen bestimmten Antrieb, nämlich den batterieelektrischen Antrieb. […] Die Branche sichert Hunderttausende Arbeitsplätze in unserem Land. Sie ist auch weltweit unverändert technologisch führend. Lassen wir uns bitte nicht einreden, hier gebe es große technologische Versäumnisse. Nein, die Technologie ist überzeugend. Viele wesentliche Patente, auch für alternative Antriebe, die sind in Deutschland entwickelt und eingereicht worden. Nach unserer Auffassung dürfen diese Arbeitsplätze nicht aufs Spiel gesetzt werden. [...] Die jetzt diskutierten Maßnahmen sind aus unserer Sicht aber der falsche Weg. Subventionen, Verstaatlichung, Kaufprämien: All das hilft einer Branche nicht. Was sie braucht, ist Technologieoffenheit, Fairness, die Förderung von allen alternativen Antrieben nicht nur batterieelektrisch, sondern auch Wasserstoff und neue Kraftstoffe. Wir brauchen Planungssicherheit bei den Flottengrenzwerten. Und dort, wo Verluste in diesem Jahr angefallen sind, ist unser Vorschlag, die steuerlich zu verrechnen mit den Gewinnen der vergangenen Jahre. […] Wir fordern eine langfristige Standortstrategie für die Automobilbranche in Deutschland, die kluge Rahmenbedingungen enthält, aber nicht Subventionen, die am Ende nur ein Strohfeuer darstellen. [...]

Bundesfinanzminister Olaf Scholz fordert nun Steuererhöhungen. Damit gefährdet Herr Scholz die wirtschaftliche Erholung in unserem Land. Das Gegenteil ist richtig. Wenn jetzt Verdi hohe Tarifabschlüsse erzielen sollte, zum Beispiel für die Erzieherin und den Pfleger, dann zahlen die jetzt schon so hohe Steuern, dass von der Gehaltserhöhung kaum etwas individuell übrig bleibt. […] Also brauchen wir dringend eine Steuerreform, die auf der betrieblichen Ebene die Wettbewerbsfähigkeit verbessert, aber eben auch ganz individuell Menschen entlastet. […] Wir haben den Verdacht, dass Herr Scholz nicht mehr als Finanzminister agiert, sondern bereits als Kanzlerkandidat  – als ein Kanzlerkandidat, der unser Land scharf nach links führen will mit mehr Umverteilung, mit höheren Steuern und übrigens auch mit höheren Schulden. Die Schulden, die Herr Scholz jetzt ankündigt für das nächste Jahr, das sind die Schulden, mit denen er am Ende Wahlkampf führen will. Wir wissen nicht, wie die Union in diesen Fragen genau tickt. Vor Wahlen wird meistens dort etwas anderes versprochen, als nach den Wahlen gehalten wird. Das ist beispielsweise beim Solidaritätszuschlag zuletzt der Fall gewesen. Wir als Freie Demokraten sind jedenfalls die einzige Fraktion, die klar gegen Steuererhöhungen auftritt. Wir haben auch aus unserer Fraktion heraus eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag eingebracht. Im Übrigen erwarten wir von Herrn Scholz morgen klare Aussagen, warum unter seiner politischen Verantwortung der Warburg Bank de facto Steuerzahlungen erlassen worden sind. Wie passt das zusammen, dass Herr Scholz auf der einen Seite Steuererhöhungen fordert, auch schon für die qualifizierte Mittelschicht, und auf der anderen Seite die Bank der Superreichen unter seiner politischen Verantwortung bei fragwürdigen Geschäften nicht zur Rechenschaft gezogen wird? Das ist eine Prüfung für die Glaubwürdigkeit von Herrn Scholz als Finanzminister und als Bewerber für das Kanzleramt. […]

Unsere Fraktion wird in dieser Woche eine Covid-19-Teststrategie in den Bundestag einbringen. Jetzt im Herbst brauchen wir einen sorgsamen Umgang mit den Testressourcen. Die Laborkapazitäten sind limitiert. Dafür brauchen wir jetzt ein nachvollziehbares Konzept, mit dem wir zunächst die Menschen schützen, die besonders gefährdet sind, nämlich die Menschen, die betagt und hochbetagt sind. Im Zentrum unseres Konzepts steht also eine systematische, regelmäßige Testung der Menschen, die in der Altenpflege tätig sind, und Menschen, die dort leben. [...] Sollten Testkapazitäten im engeren medizinischen Bereich erschöpft werden, dann ist es eine Aufgabe, auch zusätzliche zu erschließen. Gesellschaften wie Südkorea haben es vermocht, durch eine Teststrategie die Pandemie besser und früher auch mit einer Öffnung des gesellschaftlichen Lebens zu verbinden als wir. [...]

Die Vergiftung von Alexander Nawalny ist ein schweres Verbrechen, das aufgeklärt werden muss. Ein versuchter Giftmordanschlag ist ein Zivilisationsbruch, wie wir ihn nicht hinnehmen können. Die Verantwortlichen müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Wir erwarten vom Kreml die Bereitschaft zur Aufklärung und zur Kooperation in dieser Frage. Es ist nicht hinnehmbar, dass von dort versucht wird, die Verantwortung zu vermischen. Immerhin handelt es sich um einen Giftstoff, der nicht privat verfügbar ist, sondern der staatlichen Ursprungs ist und von Staaten entwickelt und verwendet worden ist. Für uns ist klar, dass wir ein Projekt wie Nord Stream 2, das für viele Generationen Infrastrukturcharakter hat, nicht leichtfertig stoppen oder zurückbauen wollen. Aber die Voraussetzung für die Wiederaufnahme ist aus unserer Sicht, dass es eine klare Verabredung mit der Ukraine gibt. Denn für Russland ist Nord Stream 2 ein geopolitisches Projekt und kein privatwirtschaftliches, wie oft von der deutschen Bundesregierung für Deutschland gesagt worden ist. Und wir wollen sehen, dass es Aufklärungsbemühungen im Fall Nawalny und darüber hinaus eine Entfaltungsmöglichkeit für die demokratische Opposition gibt. Bis das nichts gewährleistet ist, befürworten wir ein Moratorium für Nord Stream 2. Heute sprechen wir mit unserem Gast Wladimir Kara-Mursa noch über eine weitergehende Möglichkeit, unseren Werten im internationalen Recht auch Geltung zu verschaffen. Wir sprechen über personenbezogene Sanktionen im Fall von Menschenrechtsverletzungen [...] Wir halten diese personenbezogenen Sanktionen für deshalb richtig und sinnvoll, weil bei Sanktionen, die gegen eine Gesellschaft insgesamt ausgesprochen werden, natürlich auch die Bevölkerung insgesamt beeinträchtigt wird und es möglicherweise sogar zu einer Verschlechterung der Menschenrechtssituation kommen könnte. […]“

LAMBSDORFF: „[…] Es ist in der Tat an der Zeit, einen eigenständigen Sanktionsmechanismus zu etablieren gegen diejenigen, die für die Verletzung von Menschenrechten verantwortlich sind. Der Vorschlag, den wir hier machen, und zwar sowohl auf der nationalen wie auch auf der europäischen Ebene einen solchen Mechanismus einzuziehen, würde […] vermeiden, Sanktionen gegen ein ganzes Volk zu verhängen. Wir sagen als Freie Demokraten: Wir wollen nicht die Russinnen und Russen sanktionieren. Wir wollen diejenigen sanktionieren, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Wir wollen diejenigen treffen, die Geld illegal erwerben in Russland oder in anderen Ländern und es hier bei uns im Westen ausgeben, als wäre nichts geschehen. Und ich glaube, dass das ein Vorschlag ist, den wir hier in den Bundestag einbringen, den auch die anderen Fraktionen dieses Hauses unterstützen sollten. Denn es handelt sich hierbei um ein Projekt, das in Großbritannien, in Kanada, in den Vereinigten Staaten und in den baltischen Republiken bereits Gesetz ist. Und wenn wir es schaffen, das auch im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat voranzutreiben, dann könnten wir es vielleicht eines Tages soweit haben, dass auch die Europäische Union einen solchen Sanktionsmechanismus in den Gesetzbüchern stehen hat. […]“

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