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Christian Lindner
Pressemitteilung

LINDNER-Interview: Wir brauchen internationale Regeln

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab der „Passauer Neuen Presse“ (Freitagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz:

Frage: Die Bundesregierung wirbt für den UN-Migrationspakt und verteidigt ihn gegen Kritik. Er sei in unserem ureigenen Interesse. Sehen Sie das auch so?

Lindner: Der Pakt ist nicht perfekt und enthält einige missverständliche Formulierungen in seiner Einleitung. Aber es ist besser, den Pakt zu haben als ihn nicht zu haben. Die Herkunfts- und Transitländer erklären erstmals eine Verantwortung für die Bekämpfung illegaler Wanderung. Wenn die Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge weltweit besser wird, reduziert das den Migrationsdruck auf Zielländer wie Deutschland. Dies und auch andere Maßnahmen des Paktes liegen in unserem Interesse. Es ist gut, wenn dieser Pakt verabschiedet wird.

Frage: Kritiker warnen, der Pakt würde Tür und Tor für weitere Einwanderung öffnen und die Souveränitätsrechte Deutschlands beschränken. Ist das eine berechtigte Befürchtung?

Lindner: Das ist abwegig und unsinnig. Es wird ausdrücklich dabei bleiben, dass wir selbst für unsere Einwanderungspolitik verantwortlich sind. Dringend erforderlich wäre ein weltoffenes und zugleich kontrollierendes und steuerndes Einwanderungsgesetz.

Frage: Hätte die Regierung nicht früher und umfassender über den Pakt informieren sollen?

Lindner: Es wurde offen debattiert. Wer mehr darüber wissen wollte, konnte sich auch informieren. Auf Konferenzen der UN und auch im Bundestag ist der Pakt regelmäßig thematisiert worden. Es gehört zu den Gesetzmäßigkeiten einer digitalisierten Mediendemokratie, dass bestimmte Themen manchmal erst ganz oben auf die Tagesordnung rücken, wenn sie kurz vor der Entscheidung stehen. Aber in der Tat: Eine stärkere Kommunikation der Bundesregierung wäre wünschenswert gewesen. Aber vor Propaganda und Desinformationskampagnen ist man nie ganz geschützt. Beim Migrationspakt darf uns nicht das passieren, was uns beim gescheiterten Freihandelsabkommen TTIP passiert ist. Da haben Linke und Grüne Stimmung gemacht gegen ein Freihandelsabkommen mit den USA. Heute wären wir froh, es gäbe noch Multilateralismus. Das darf sich heute nicht von rechts unter anderen Vorzeichen beim Migrationspakt wiederholen. Wir brauchen bei der Migration internationale Zusammenarbeit und Regeln.

Frage: Themenwechsel: Per Grundgesetzänderung soll das Kooperationsverbot gelockert werden. Ist das der Anfang vom Ende des Föderalismus?

Lindner: Nein, sicher nicht. Der Föderalismus gehört zu unserem Land. Die Verantwortung für die Bildungspolitik liegt auch weiterhin in den Ländern. Wir brauchen aber mehr Vergleichbarkeit und Mobilität zwischen den Bundesländern. Wenn wir unser Niveau wieder auf das Niveau der Weltspitze heben wollen, benötigen wir die gesamtstaatliche Finanzierungskraft. FDP und Grünen ist gelungen, die Große Koalition zum Jagen zu tragen. Der Digitalpakt könnte die erste Maßnahme sein, bei der der Bund die Modernisierung von Schulen finanziert. Da sollten weitere Maßnahmen folgen.

Frage: Wo gibt es Handlungsbedarf?

Lindner: Was jetzt auf den Weg gebracht wird, geht noch nicht weit genug. Das kann nur ein erster Schritt sein. Wir haben jetzt die Tür für eine Neuordnung des Bildungsföderalismus ein Stück geöffnet. Der Bund kann künftig mitfinanzieren und zwar nicht nur Kabel bei der Digitalisierung, sondern auch Lehrkräfte, also Köpfe. Wir müssen den Bildungsföderalismus insgesamt wettbewerbsfähiger machen. Bund und Länder müssen gemeinsam Qualitätsstandards beschließen. Der Umzug von einem Bundesland ins andere darf nicht zum Risiko für die Kinder in der Schule werden und zum Sitzenbleiben führen.

Frage: Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine droht weiter zu eskalieren. Muss hier mehr Druck auf dem Kreml gemacht werden?

Lindner: Jetzt sind Dialog und Deeskalation gefordert. Das ist Aufgabe des UN-Sicherheitsrates. Die Ukraine sollte sich vor überstürzten militärischen Maßnahmen und einem Alleingang hüten. Und die Vereinten Nationen müssen Moskau signalisieren, dass nicht immer neue Fakten geschaffen werden können. Es wäre ein Zeichen guten Willens und zur Deeskalation, wenn die russische Führung der Stationierung einer UN-Blauhelmtruppe in der Ostukraine zustimmen würde. Dann können auch weitere Sanktionen vermieden werden. Wir sollten am Minsker Abkommen festhalten und es weiterentwickeln.

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