Stellv. Fraktionsvorsitzender

Zuständig für „Freiheit und Menschenrechte weltweit“: Auswärtiges, Angelegenheiten der Europäischen Union, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Griechenland darf nicht alleine gelassen werden

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab „NDR Info“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Schlag:

Frage: Was sollte die Europäische Union jetzt tun?

Lambsdorff: Die Europäische Union muss Griechenland helfen, seine Außengrenze zu sichern und die Europäische Union muss der Türkei klar signalisieren, dass man bereit ist, sie weiterhin zu unterstützen, denn die Menschen in der Türkei, die aus Syrien gekommen sind, das sind ja viel, viel mehr als diejenigen, die nach Europa durchgekommen sind oder auch zu uns gekommen sind, das sind Millionen. Und insofern: Was Erdogan hier macht, ist einerseits ein zynisches Spiel, indem er diese Menschen einsetzt und sie an die Grenze bringen lässt, aber auf der anderen Seite ist es auch ein Hilferuf, weil die türkische Position unhaltbar geworden ist.

Frage: Da muss man sich doch aber fragen, warum war die Europäische Union darauf nicht vorbereitet, auf genau dieses Szenario?

Lambsdorff: Na ja, weil die EU sich uneins war seit der Flüchtlingskrise 2015, wie man gemeinsame Migrations-, Asylpolitik organisieren soll, Viktor Orban war da das Hauptproblem, aber auch andere. Und vergessen wir bitte nicht: Vor der Flüchtlingskrise von 2015 haben aus Deutschland, aus anderen Mitgliedsstaaten, insbesondere das Bundesinnenministerium, jeden Ansatz einer gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik kaputtgemacht. Es ist über Jahre hinweg bekannt gewesen, dass wir in einer solchen Situation nur gemeinsam erfolgreich sein können. Aber dazu müssen die Mitgliedsstaaten sich zusammenraufen und das haben sie nicht getan, also Herr Friedrich, Herr de Maizière, jetzt Herr Seehofer, haben das alle über viele Jahre verhindert.

Frage: Und was soll mit den Menschen geschehen, die jetzt versuchen, von der Türkei in die Europäische Union nach Griechenland zu gelangen? Dort stehen mit ein bisschen Hab und Gut, frieren und ausharren.

Lambsdorff: Genau das ist der Punkt. Die humanitäre Lage der Menschen muss verbessert werden. Deswegen ist es wichtig, dass die Europäische Union ihre humanitäre Hilfe dort verstärkt, dass aber auch die Vereinten Nationen, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR, in die Lage versetzt wird, diesen Menschen zu helfen. Ich glaube auch, dass es richtig wäre, wenn die Türkei die Grenze zu Syrien öffnen würde, das ist jetzt eine andere Grenze, um den Menschen, die dort in einer humanitär katastrophalen Lage sind, den Zugang zu den Vereinten Nationen zu ermöglichen. Also, mit anderen Worten: Die humanitäre Lage der Menschen muss gelindert werden, Griechenland muss unterstützt werden. Aber wir brauchen auch, und das ist gar keine Frage, im Grunde einen Türkei-Deal 2.0, denn ohne Hilfe für die Menschen in der Türkei wird es immer wieder dazu kommen, dass sie sich Richtung Europa in Bewegung setzen.

Frage: Wenn sie davon sprechen, dass den Menschen geholfen werden muss, warum nimmt Deutschland dann keine Flüchtlinge auf?

Lambsdorff: Ja, das ist ja eine andere Frage, Herr Schlag. Die eine Frage ist: Wie helfen wir den Menschen vor Ort? Das andere ist die Frage, wie gehen wir mit Menschen um, die bereits über die Grenze gekommen sind, und da sage ich ganz klar, dass die Griechen nicht alleine gelassen werden können. Also die Menschen, die jetzt schon auf den Lagern in Lesbos, in Chios, auf den anderen Inseln sind, die auch auf dem griechischen Festland sind, wenn deren Verfahren abgeschlossen sind, müssen andere europäische Länder auch einen Teil dieser Menschen aufnehmen, dazu gehört auch Deutschland. Das ist aber etwas anderes als das, was Frau Göring-Eckardt von den Grünen heute Morgen vorgeschlagen hat, nämlich die Grenze einfach aufzumachen und alle rein zu lassen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge und ich finde, die muss man auch auseinanderhalten.

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