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LAMBSDORFF-Interview: Brauchen mehr politische Gespräche in der NATO
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab „NDR Info“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Schlag:
Frage: Liegt es denn alleine an Donald Trump, dass es so schlecht steht zwischen Washington und Europa?
Lambsdorff: Naja, seine Politik macht es uns schon nicht leicht und die Spannungen im Bündnis, die sind nicht zu übersehen. Ich will auf der anderen Seite aber auch sagen: Es war die größte amerikanische Delegation aller Zeiten in München – über 50 Abgeordnete aus Senat und Repräsentantenhaus. Der Vizepräsident war da. Also mit anderen Worten: Auch wenn es die Spannungen gibt, die Amerikaner wollen den Dialog und wollen miteinander reden. Dass Donald Trump selber das mitunter anders sieht und lieber twittert als zu reden, steht auf einem anderen Blatt. Aber ganz so schlimm steht es um die transatlantischen Beziehungen dann doch nicht.
Frage: Kommen wir gleich drauf, wo es denn auch noch Hoffnung gibt, wo man noch ansetzen kann, damit sich das wieder verbessert. Aber eins will ich auch noch einmal anmerken: US-Vizepräsident Pence beispielsweise, der hat ja Deutschland und Europa dazu aufgefordert, den USA quasi blind zu folgen. Wenn man mal den harten Kurs gegenüber Iran nimmt, den Washington einschlägt, was sollte Europa da tun?
Lambsdorff: Naja, ich glaube, Europa hat eine Position, die USA haben eine Position. Wir haben unterschiedliche Strategien in der Diplomatie. Also, die Amerikaner setzen gegenüber Russland oder gegenüber dem Iran auf maximalen Druck. Wir setzen auf eine Mischung aus Konfrontation und Kooperation. Also wir machen Sanktionen bei Russland beispielsweise und gleichzeitig trotzdem Gespräche und Geschäfte. Beim Iran versuchen wir denselben Ansatz, um so eine Änderung der Politik zu erreichen. Das ist einfach wirklich ein strategischer Unterschied und die Amerikaner haben ihre Position dargelegt in der Rede von Mike Pence. Das stimmt. Aber ich glaube, wir werden mit dem Unterschied noch eine Weile leben müssen.
Frage: Gut, da gibt es die Unterschiede. Sie haben aber auch angesprochen, dass es durchaus auch noch gar nicht so schlecht steht, dass es immer noch Partner seien, die dort aufeinandertreffen. Wo sehen Sie denn die Hoffnung, wo man setzen kann, damit sich die Beziehungen wieder verbessern können?
Lambsdorff: Also, ich glaube eine Sache ist klar: Innerhalb der NATO, der nordatlantischen Allianz, brauchen wir mehr politische Gespräche, weil die militärische Kooperation, die funktioniert ganz gut. Wir hatten ein großes Manöver mit dem USA vor Norwegen vor wenigen Wochen. Da funktionierte es ganz gut. Ich glaube, wir haben auch einen gemeinsamen Blick darauf, dass die chinesische Politik eine gemeinsame Bedrohung für uns ist. Das Land bringt ja die Weltwirtschaft noch viel stärker durcheinander als die USA. Also wir haben eine ganze Reihe von Punkten und jetzt ganz aktuell die festgenommenen IS-Kämpfer in Syrien. Diejenigen, die Staatsangehörige sagen wir von Frankreich, Spanien, Belgien, Deutschland sind, die müssen wir natürlich schon zurücknehmen und vor Gericht stellen. Das ist gar keine Frage. Wir müssen nur halt klar sein darüber, sind das wirklich Staatsbürger oder nicht? Das ist die Frage, die jetzt zu klären ist. Aber man kann so miteinander auch Felder finden, auf denen man kooperiert.
Frage: Gut, Sie haben das angesprochen. Also die Bundesregierung soll die deutschen Islamisten, das ist heute früh ja auch bei uns in den Nachrichten Thema, sollte diese Islamisten auf jeden Fall zurücknehmen und dann hier entsprechend verurteilen lassen.
Lambsdorff: Nein, Herr Schlag, wir müssen eigene Staatsbürger zurücknehmen. Das ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, dass jeder Staat eigenen Staatsbürgern natürlich die Einreise auf das eigene Staatsgebiet ermöglicht. Da haben wir gar keine Wahl. Die Frage ist dann: Wie gehen unsere Gerichte damit um, dass diese Leute sich einer terroristischen Vereinigung angeschlossen haben? Und da glaube ich, ist die Vorstellung der USA manchmal etwas naiv, was deutsche Gerichte angeht. Aber dass wir die Deutschen, die dort gekämpft haben, die schreckliche Verbrechen begangen haben, nicht einfach dort lassen können, das liegt auf der Hand. Die Alternative, um es klar zu sagen, wäre ein zweites Guantanamo und da ist mir lieber, den Leuten wird in Deutschland der Prozess gemacht.
Frage: Aber kann sich Deutschland da so unter Druck setzen lassen oder auch andere europäische Staaten, wenn denn der US-Präsident denn dann mal wieder twittert und sagt andernfalls wären die USA gezwungen, die Kämpfer auf freien Fuß zu setzen. Also das ist ja schon auch wieder eine klare Drohung, die da ausgestoßen wird von Washington.
Lambsdorff: Ja, aber sehen Sie es bitte mal ganz nüchtern. Der Tweet ist natürlich als Instrument der Politik nicht geeignet. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Es ist besser, man macht so etwas hinter verschlossenen Türen, trifft eine Absprache und anschließend wird die Sache geregelt. Das ist aber der Stil dieses Präsidenten nun mal nicht. Das wissen wir. In der Sache aber sollten wir aufpassen, nicht jedes Mal bei jeder Äußerung reflexhaft sofort eine Ablehnung herbeizuführen oder herbeizureden, denn rechtlich hat er ja recht. Deutsche Staatsbürger, die in Syrien Verbrechen begangen haben für den IS, bleiben deutsche Staatsbürger und müssen auf deutsches Staatsgebiet zurückkehren. Und ich wünsche mir dann, dass sie hart bestraft werden.