Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Das bedeutet Deindustrialisierung, Jobverluste und außenpolitischen Schaden

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Peter Riesbeck:

Frage: Herr Lambsdorff, Union und SPD streiten, dieses Mal über Rüstungsexporte. Die SPD lehnt Waffenlieferungen an Saudi-Arabien ab, sehr zum Missfallen der europäischen Partner. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian nimmt an der Sitzung des Bundeskabinetts teil. Wird der Streit um Rüstungsexporte in der Großen Koalition nun zur außenpolitischen Belastung?

Lambsdorff: Ja, das ist ganz sicher so. Die Große Koalition setzt das Vertrauen unserer europäischen Partner leichtfertig aufs Spiel. Unsere Verlässlichkeit als Bündnispartner wird inzwischen offen in Frage gestellt.

Frage: Unmittelbar nach dem Mord an dem Journalisten Khashoggi haben aber auch Sie einen Stopp der Waffenlieferungen begrüßt.

Lambsdorff: Das ist auch richtig. Wir dürfen keine Waffen an Saudi-Arabien liefern, die unmittelbar im Jemen eingesetzt werden können. Aber es geht ja nicht nur um Saudi-Arabien. Deutschland steht mit seinem generellen Lieferstopp ganz allein. Wir sprechen über Länder wie Indonesien und Niger. Unsere Partner Frankreich, Spanien und Italien sehen das anders und drohen damit, die Fertigung von Bauteilen aus Deutschland abzuziehen. Das können CDU und SPD ja nicht wollen.

Frage: Die SPD beharrt aber auf einem Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien. Was sind die möglichen Folgen, auch mit Blick auf die deutsch-französischen Beziehungen?

Lambsdorff: Wenn es zum Vorteil wird, ‚German Free Products‘ anzubieten, ist das hochriskant für die deutsche Wirtschaft, besonders den Mittelstand. Es besteht die Gefahr, dass die deutsche Wehrindustrie austrocknet. Wir verlieren dann auch die Fähigkeit, unsere Bundeswehr selbst auszurüsten. Wenn die SPD das will, dann muss sie nur so weitermachen. Das bedeutet dann Deindustrialisierung, Jobverluste und dazu noch außenpolitischen Schaden.

Frage: Wie könnte denn eine europäische Rüstungskontrolle aussehen?

Lambsdorff: Es wurden schon 2008 gemeinsame Standards erarbeitet. Darauf aufbauen könnte eine europäische Rüstungskontrollagentur, die gemeinsam mit den nationalen Behörden Kriterien für Material und Exportländer erstellt.

Frage: Im Europawahlkampf fordern alle eine Europäische Armee. Bahnt sich da schon der nächste deutsch-französische Konflikt an?

Lambsdorff: Die Europäische Armee ist ein langfristiges Ziel. Wichtig ist, dass die europäischen Partner in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik enger kooperieren. Und da gilt: Mut zur Lücke. Strategischer Lufttransport, Luftraumüberwachung, ABC-Spezialkräfte – keine nationale Armee kann alle Instrumente aufrechterhalten. Da müssen sich die europäischen Partner besser abstimmen. Ob die parlamentarische Kontrolle dann beim Europäischen Parlament oder einer gemischten parlamentarischen Versammlung nationaler Abgeordneter liegt, muss sich zeigen.

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