Dr. Marco Buschmann
Pressemitteilung

BUSCHMANN-Statement: Bürger vor einem Wettrennen um die härtesten Maßnahmen bewahren

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:

„[…] Der plötzliche Tod von Thomas Oppermann hat sehr viele meiner Kolleginnen und Kollegen ganz persönlich getroffen, denn Thomas Oppermann war mit vielen Kollegen meiner Fraktion auch gut bekannt, bis hin dazu, dass er für einige sogar Vorbildfunktion ausgefüllt hat. Ich kann das für mich ganz persönlich sagen […] Er war hart in der Sache, aber genauso hart, wie er in der Sache war, war er im menschlichen Umgang immer anständig und fair. Das haben wir insbesondere auch in seiner Rolle zuletzt als Vizepräsident des Deutschen Bundestages gemerkt und das ist wirklich ein herber Verlust auch in der menschlichen Dimension […] Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden […]

In der Sache steht diese Sitzungswoche des Deutschen Bundestages natürlich im Zeichen der Bekämpfung von Corona. Die Lage hat sich eindeutig verschlechtert, die Infektionszahlen nehmen zu, die Hospitalisierungsquoten nehmen zu […] und deshalb ist es natürlich erforderlich, dass wir über Maßnahmen diskutieren, um diese Entwicklung zu stoppen und auch einzudämmen. Für die FDP-Bundestagsfraktion steht das allerdings unter dem Obersatz, dass jede Maßnahme, die wir ergreifen, insbesondere Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, nur dann erfolgen dürfen, wenn sie wirksam sind […] und auch verhältnismäßig sind. Das heißt, dass der Nutzen in einem vernünftigen Verhältnis zu der Eingriffstiefe in die Grundrechte steht. Diesem Maßstab halten viele Vorschläge, die da im Moment diskutiert werden, unserer Ansicht nach nicht stand. Nehmen Sie Vorschläge aus Baden-Württemberg zu Kurzzeit-Lockdowns: Mir ist kein Fachmann und keine Fachfrau bekannt, der oder die der Meinung wäre, dass ein einwöchiger Lockdown in irgendeiner Form geeignet wäre, nachhaltigen Nutzen bei der Pandemiebekämpfung zu stiften. Überhaupt ist das Thema Lockdown der wirklichen Situation im Lande völlig unangemessen. Denn wir haben in Deutschland nach wie vor ein hochgradig unterschiedliches Infektionsgeschehen. Wir haben Regionen mit Sieben-Tage-Inzidenzen von 250, wir haben aber auch Regionen mit Sieben-Tage-Inzidenzen von 13, 14 und auch um die 20 herum. Und in einer solchen Situation das gesamte Land über einen Kamm zu scheren […] ist erstens nicht wirksam und zweitens nicht verhältnismäßig. […] Gaststätten, Speisestätten und Hotellerie sind keine Infektionstreiber und sie sind es erst recht nicht in Regionen mit einem beherrschbaren Infektionsgeschehen […] Stattdessen ist es unserer Meinung nach erforderlich, sehr gezielte Maßnahmen zu ergreifen, nämlich dort, wo wir wissen, dass es ein sehr dynamisches Infektionsgeschehen gibt […] Das ist etwa in Krankenhäusern, in Altenheimen der Fall. Dort müssen wir erstens dafür sorgen, dass die vulnerablen Gruppen stärker geschützt werden, aber zweitens auch zu neuen Maßnahmen kommen. In vielen Bundesländern wird beispielsweise schon stärker auf sogenannte Antigentests […] gesetzt. […] Damit ist man in der Lage, eine relativ große Anzahl an Testungen durchzuführen. Die Ergebnisse liegen in etwa einer Viertelstunde vor. […] Das heißt ein sehr gezieltes Vorgehen dort, wo wir wissen, dass es zu hoher Infektionsdynamik kommt. Das ist das Gebot der Stunde und auch die Nutzung solcher neuer, moderner Testtechnik. Es ist unserer Ansicht nach kein richtiger Weg, ganze Branchen als Sündenböcke in Haft zu nehmen. [...] Wir sind deshalb weiterhin der Ansicht, dass wir landesweit einheitliche Kriterien brauchen, wann eine Maßnahme ergriffen werden muss, aber das die Frage, ob diese Kriterien vor Ort vorliegen, weiterhin in den einzelnen Regionen, in den Kommunen entschieden werden sollte. [...] Wir erleben stattdessen, statt eines solchen gezielten Vorgehens, eine Art Wettrennen, wer in der Exekutive die härtesten und meisten Vorschläge dazu macht, wie man gegen die Pandemie vorgeht. Das ist menschlich nachvollziehbar. Ich will niemanden, der in Verantwortung steht, irgendetwas Böses unterstellen. Wenn man in Verantwortung steht, spürt man den Druck, etwas zu tun, vielleicht manchmal auch irgendetwas zu tun und auch möglichst viel zu tun. […] Die Mütter und Väter unserer Verfassung kannten diesen Druck und deshalb sieht die Gewaltenteilung ausdrücklich vor, dass man die Exekutive eben nicht alleine darüber entscheiden lässt, wie intensiv und in welchem Umfang in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen werden kann. Die Exekutive muss sich dafür die Erlaubnis des Parlaments holen. Das ist keine Entscheidung gegen effektive Seuchenabwehr, sondern es ist eine kluge Regelung […] Und dass dieser Mechanismus im Moment nicht eingehalten wird, ist mit ein Grund dafür, dass wir eine Häufung von Maßnahmen erleben, die auch immer wieder vor den Gerichten scheitern. […] Deshalb gehören diese Entscheidungen wieder ins Parlament. Wir haben bereits im Juni uns darum bemüht, Entscheidungsvollmachten, die der Deutsche Bundestag unter anderem an das Gesundheitsministerium und an die Länder delegiert hat, wieder ins Parlament zurückzuholen. Wir sind damit leider gescheitert. Mittlerweile haben wir sehr viel Unterstützung von Staatsrechtlern bis hin zum Bundestagspräsidenten, der in der letzten Woche bereits angemahnt hat, dass der jetzige Entscheidungsmechanismus, dass die Exekutive eben allein entscheidet, nicht der richtige Weg ist. […] Deshalb appelliere ich dringend an Ralph Brinkhaus [...] die Frage zu klären, ob man diese Rechtseinschätzung teilt oder nicht. Aber wenn man sie teilt, dann müssen wir bereits in dieser Pandemie dafür sorgen, dass die Regeln der Gewaltenteilung, das Wesentlichkeitsprinzip und die Entscheidungsbefugnisse des Parlaments bei Grundrechtseingriffen gewahrt werden. Denn diese Frage ist nicht nur eine formale Frage. Das Parlament ist der Lackmustest dafür, ob eine vorgeschlagene Maßnahme tatsächlich wirksam und angemessen ist. Die Weisheit der vielen Abgeordneten ist der Informationsaufnahmekapazität der wenigen Entscheider in der Exekutive überlegen. […] Wir wollen, dass diese Vollmachten zurück ins Parlament kommen. Wir wollen, dass Befugnisse, die in die Grundrechte eingreifen, auf konkretere Entscheidungsgrundlagen gestellt werden, die auch ausdrücklich und konkretisiert geregelt werden müssen und wir wollen vor allen Dingen, dass diese Maßnahmen befristet sind und dass der Bundestag diese Entscheidungsbefugnisse, die bei der Exekutive noch verbleiben, regelmäßig bestätigen muss. Das ist der richtige Weg und nur dann, wenn wir diesen Weg gehen, können wir die Bürgerinnen und Bürger vor einem Wettrennen um die härtesten Maßnahmen, die es derzeit in der Exekutive gibt, bewahren. Und das führt dann dazu, dass das Vertrauen in die Maßnahmen in der Bevölkerung, das nach wie vor hoch ist, auch auf dem hohen Niveau bleibt. […]

Corona ist eine Frage der medizinischen Gesundheit, Corona ist aber auch eine Frage der wirtschaftlichen Gesundheit. Und es wäre völlig verrückt, diese beiden Dinge gegeneinander zu stellen, wie es leider nach wie vor immer und immer wieder passiert. Nur wenn unser Land wirtschaftliche Stärke besitzt, werden wir auch die wirtschaftliche Kraft haben, soziale Härten, die Corona auslöst, ausgleichen zu können und wir werden auch die Mittel nur dann besitzen, gegen Corona mit den besten medizinischen Methoden und der besten medizinischen Ausstattung vorzugehen, wenn wir auch die wirtschaftliche Kraft dafür haben, das zu finanzieren. Und deshalb werden wir uns diese Woche auch weiter für Maßnahmen einsetzen, die sehr wirksam die Betriebe in diesem Land entlasten, beispielsweise durch eine negative Gewinnsteuer. Negative Gewinnsteuer bedeutet, dass wir nicht Geld mit der Gießkanne verteilen, sondern Betriebe, die in den letzten Jahren […] Gewinne erwirtschaftet haben und dadurch auch viele Steuern an den Staat gezahlt haben, einen Teil dieser Steuern zurückbekommen. Das ist die Gewähr dafür, dass es gesunde Betriebe sind, die unterstützt werden und nicht Geschäftsmodelle gestützt werden, die möglicherweise auch ohne Corona in Probleme geraten wären. Das ist dringend, dass diese gesunden Betriebe in der Liquidität unterstützt werden, denn jeder weiß, in der jetzigen wirtschaftlichen Lage ist die Kassenlage angespannt. Wir müssen Betriebe und auch Bürgerinnen und Bürger entlasten, wenn das Geld knapp ist, weil nur dann die Zuversicht entsteht und auch die Planungsgrundlagen dafür gegeben sind, dass man investieren und konsumieren kann […]“

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