
BUSCHMANN-Interview: Für die Behörde ist es besser, wenn Herr Maaßen geht
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab „SWR2“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Marion Theis:
Frage: Was hört man denn bei Ihnen der Gerüchteküche: Bleibt Maaßen Verfassungsschutzpräsident oder nicht?
Buschmann: Gerüchte bringen uns in dem Fall nicht weiter, sondern die Frage, was Sinn macht für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das ist ja eine wichtige Behörde. Gerade in den Zeiten, in denen wir leben, mit Linksextremismus, Rechtsextremismus, islamistischem Extremismus, brauchen wir einen schlagkräftigen Inlandsgeheimdienst, und da bringt es nicht viel, wenn man einen Geheimdienstchef hat, der sehr viel Freude an Öffentlichkeit und streitigen Auseinandersetzungen hat, sondern da brauchen wir einen Inlandsgeheimdienstchef, der dafür sorgt, dass die Behörde einfach effektiv und reibungslos arbeitet.
Frage: Sie, Ihre FDP, bestehen darauf, dass Maaßen geht, dabei fanden Sie den Mann ja nicht immer schlecht. Geht es Ihnen vielleicht auch darum, dass Innenminister Seehofer, der ja an Maaßen festhält, zurechtgestutzt wird?
Buschmann: Nein. Herr Maaßen war schon immer – wie soll ich sagen – ein außergewöhnlicher Behördenchef, der auch immer Freude daran hatte, mit einem sehr kantigen politischen Profil wahrgenommen zu werden. Meine Fachkollegen sagen immer, der Herr Maaßen erweckte den Eindruck, als wenn er viel lieber der parlamentarische Staatssekretär von Herrn Seehofer sein würde, und das ist einfach das falsche Profil. Es gab in den letzten Monaten immer wieder Auseinandersetzungen mit Herrn Maaßen. Nehmen Sie die Frage, ob im Fall Anis Amri ein V-Mann dort geführt wurde, das Parlament fühlte sich immer wieder schlecht, lückenhaft informiert, hatte immer wieder den Eindruck, dass da geblockt wird. Dann gab es die Vorgänge um die Frage, wie intensiv der Austausch mit der AfD ist, sprich, dieser Behördenleiter sorgt immer wieder für Gerede, obwohl gerade seine Behörde auf Vertrauen, auch des Parlaments, angewiesen ist, und das zeigt, dass er seiner Behörde keinen Gefallen tut.
Frage: Schauen wir einmal noch ein bisschen näher auf die Behörde. Maaßen hat in den letzten Jahren eine neue Rechtsextremismus-Abteilung aufgebaut, jetzt würde er die Behörde gern weiter aufstocken. Die Zahl der Mitarbeiter soll verdoppelt werden. Es soll in neue Technik investiert werden, unter anderem, um bei Spionageabwehr oder gegen islamistischen Terror gerüstet zu sein. Sind das sinnvolle Pläne?
Buschmann: Dass man sich fit machen muss für das digitale Zeitalter, ist völlig klar. Extremisten benutzen das Internet schon jetzt, und zwar nicht nur, um sich nur abzustimmen, sondern über das Internet, Stichwort „Cyberwar“, können auch empfindliche Infrastrukturen angegriffen werden. Deshalb ist es richtig, dass das etwas getan wird. Ich glaube, es ist aber falsch, immer nur über mehr und weniger zu sprechen. Der Verfassungsschutz ist ja ein Verbund aus Behörden. Es gibt ja nicht nur das Bundesamt für den Verfassungsschutz, sondern auch die Landesämter, und wir stellen eben fest, dass da zum Teil winzige Behörden existieren, die selber gar nicht in der Lage sind, in dieser Breite den Extremismus zu beobachten und deshalb meinen wir, dass man auch über Zusammenlegung sprechen muss. In der Wirtschaft würde man von Synergien sprechen, die man erhebt, also, dass es nicht immer nur ein „Mehr“ werden muss, sondern dass es auch eine schlagkräftigere Struktur geben muss.
Frage: Heißt das, Sie unterstützen Pläne oder Ideen von Grünen und Linken, die eine Strukturreform des Verfassungsschutzes fordern?
Buschmann: Wie fordern als FDP schon seit 2012 eine grundlegende Strukturreform, um den Verfassungsschutz schlagkräftiger zu machen, nicht um ihm zu schaden. Wir brauchen eine effektive Inlandsbehörde für diese Aufgaben, die Aufgabe muss gemacht werden, aber wir glauben, dass wir da in Deutschland noch nicht richtig aufgestellt sind. Damit einhergehen muss allerdings auch Transparenz. Wir sind beispielsweise der Meinung, dass das PKGR, das ist das parlamentarische Kontrollgremium, dass die sozusagen Überwachung des Geheimdienstes gewährleisten muss, auch einen Ermittlungsbeauftragten bräuchte, der dann mal genauer nachschaut, wenn zum Beispiel ein Behördenchef meint, zu blockieren bei Auskünften.
Frage: Herr Buschmann, der Fall Maaßen ist eine Folge der ausländerfeindlichen Ausfälle von Chemnitz. Lassen Sie sich nicht alle viel zu oft die politische Tagesordnung von Rechtsaußen diktieren?
Buschmann: Ja, die Frage könnte man genauso gut der Medienöffentlichkeit stellen. Also erstmal muss man festhalten, das sind natürlich Bilder, die wir gesehen haben, wenn da mehrere tausend Rechtsextreme in kurzer Zeit mobilisiert werden können, wenn da offen der Hitlergruß gezeigt wird, das ist erstmal etwas, das kann einen nicht kalt lassen. Zweitens möchte ich aber betonen, dass es bei Hans Georg Maaßen ja nicht nur um diesen einen Vorfall geht, sondern es geht um eine Gesamtbetrachtung. Ich hatte vorhin einige Beispiele genannt, dass er immer wieder eine sehr eigenwillige Amtsführung an den Tag legt, und das bei einer Behörde, die stärker als jede andere auf das Vertrauen von Regierung und Parlament angewiesen ist. Er hat da ohne Not die Öffentlichkeit gesucht. Das war nur einer von mehreren Gründen, warum wir im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sagen, für die Behörde ist es jetzt besser, wenn Herr Maaßen geht.