Christian Lindner
Pressemitteilung

LINDNER-Statement: Wir wollen einen differenzierten Stufenplan für die Öffnung der Gesellschaft und der Wirtschaft

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:

„[…] Wir als Freie Demokraten haben sehr früh das kontrollierte Runterfahren unseres Landes angeregt. Der Shutdown war notwendig, um einen Beitrag zu leisten, Corona unter Kontrolle zu bekommen. Allerdings haben wir auch sehr früh gefordert, Wege aufzuzeigen, wie wir diesen Zustand überwinden können und wie wir uns auf die Zeit danach vorbereiten. Die Signale aus der Regierung sind hier bisweilen widersprüchlich. Der Bundesgesundheitsminister sagt, die Epidemie sei nun wieder beherrschbar. Die Frau Bundeskanzlerin hingegen hat sich ‚Öffnungsdiskussionsorgien‘ verbeten. Das Wort ‚Öffnungsdiskussionsorgien‘ erinnert bedauerlicherweise an die Zeiten der Alternativlosigkeit in der Politik. Tatsächlich muss aber immer um Alternativen oder im konkreten Fall um mildere Mittel gerungen werden, es darf keine Diskussionsverbote oder Einschüchterungsversuche geben, bei denen, wer Grundrechtseinschränkungen diskutieren will, in einen Zusammenhang mit Orgien und Kontrollverlusten gerückt wird. Wir, im Gegenteil, möchten genau diese Diskussion führen und ihnen Raum geben, auch hier in dieser Woche im Deutschen Bundestag. Die Freiheitseinschränkungen müssen verhältnismäßig sein, sie müssen also immer wieder geprüft werden, ob sie notwendig sind oder ob es möglicherweise mildere Mittel gibt, durch die sie ersetzt werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Blick auf das Versammlungsverbot in einstweiliger Rechtsprechung Maßnahmen der Regierung bereits gerügt. In diesen Zeiten ist es selbstverständlich legitim und nötig, Diskussionen über Öffnungen zu führen. [...] Wir werden deshalb in dieser Woche eine eigene Initiative einbringen, mit der wir die Bundesregierung auffordern, die Bevölkerung transparent über die Szenarien der wirtschaftlichen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Wiederaufnahme zu informieren. […] Wir sehen als erforderlich an, einen interdisziplinären Expertenrat einzurichten. Wir schätzen die Expertise des RKI. Sinnvoll scheint es uns aber, auch andere Positionen von Virologen in die Beratungs- und Entscheidungsgrundlage einzubeziehen, genauso wie auch Ökonomen und Staatsrechtler gehört werden sollten. Wir wollen einen differenzierten Stufenplan für die Öffnung der Gesellschaft und der Wirtschaft, denn auch in der Krise bleibt der Staat in der Begründungspflicht, warum er die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger einschränken will. [...] Im Übrigen ist es auch kein Dogma für uns, einmal beschlossene Öffnungen auch wieder vielleicht regional zurückzunehmen. Wir können nicht sicher sein, ob es nicht im Herbst eine stärkere Infektionsdynamik gibt, an bestimmten Hotspots zum Beispiel. Dann muss selbstverständlich möglich sein, dort regional zu schärferen Freiheitseinschränkungen zurückzukehren […] Lieber eine Maskenpflicht, als Stillstand im Land. Wir werden schneller und mehr öffnen können, wenn wir alle Masken tragen und deshalb halte ich eine Maskenpflicht für ein sinnvolles Mittel, wenn die Versorgung insbesondere in den medizinischen Einrichtungen prioritär sichergestellt ist. Besonders Gefährdete und Menschen in heil- und pflegerischen Berufen müssen prioritär natürlich ausgestattet werden mit der Schutzausrüstung. Jede Erweiterung der Nutzung von Masken im öffentlichen Raum würde es erlauben, dass wir auch in Handel und Gastronomie, in der Produktion, im täglichen Leben insgesamt wieder über mehr Freiheitsgrade verfügen können. […] Ich halte es für nachvollziehbar, dass das Oktoberfest abgesagt wird. Das ist schade, ein geselliger Anlass, den viele geschätzt haben. Eine Tragödie für viele Wiesnwirte, aber aus gesundheitlichen Gründen in diesem Jahr kaum vorstellbar […] Umso mehr freue ich mich aber, dass zumindest zeitgleich auch erwogen wird, dass unter besonderen Bedingungen der Spielbetrieb der Bundesliga wieder aufgenommen werden kann. […] Das Hygienekonzept der Liga ist sehr verantwortungsbewusst und jetzt setzen wir insbesondere auf das Verantwortungsgefühl auch der Fans und der Menschen im Land, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs nicht dazu führt, im Alltag unvernünftig zu werden und Abstands- und Hygieneregeln gering zu schätzen. [...]

Wir haben in der Vergangenheit bereits angeregt, die Finanzbehörden zu nutzen für eine schnelle und unbürokratische Bereitstellung von Liquidität. Das gelingt schneller als über Kreditprogramme unserer öffentlich-rechtlichen Förderbank KfW. Wir halten an dieser Position auch fest. In dieser Sitzungswoche des Bundestages wollen wir sie aber erweitern und vertiefen. Wir schlagen eine negative Gewinnsteuer vor. Menschen, also in dem Fall Soloselbstständige und Freelancer, aber auch Mittelständler, Familienbetriebe aus Gastronomie und Hotellerie bis zum Industrieunternehmen, sollen von dieser negativen Gewinnsteuer profitieren können. Der Gedanke ist jetzt, dass 80 Prozent des Gewinnrückgangs, der in diesem Jahr in einem Unternehmen anfällt, durch den Staat aufgefangen und ausgeglichen werden. Negative Gewinnsteuer, wie wir sie fordern, bedeutet eine ganz unbürokratische Hilfe zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit. [...] Der große Vorteil ist: Diese Maßnahme kann verrechnet werden mit anderen Hilfsmaßnahmen des Staates [...] Wir verlassen also damit Schritt für Schritt die Förderung mit der Gießkanne und wechseln zu zielgerichteter Förderung da, wo es tatsächlich eine Bedürftigkeit gibt. […]“

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