Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Die Chancen für Jamaika stehen weiterhin fifty-fifty

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab der „B.Z. am Sonntag“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Ulrike Ruppel:

Frage: Die Umfrage-Werte für Jamaika sinken rapide. Grund zur Sorge?

Lambsdorff: Wir haben in der vergangenen Woche die Streitpunkte bearbeitet. Da kracht und rumpelt es natürlich besonders laut. Ich kann verstehen, wenn die Menschen dann ungeduldig werden. So geht es mir übrigens auch. Aber mit vier Parteien ist es nun mal schwierig.

Frage: Wo scheppert es am meisten?

Lambsdorff: Bei den Themen Verkehr, Energie, vor allem bei der Zuwanderung. Da vertritt die FDP eine sehr klare Position. Wir wollen weder ungebremsten Zustrom noch totale Abschottung. Deshalb kämpfen wir für ein Einwanderungsgesetz, mit dem wir die Zuwanderung steuern können und gleichzeitig gegen einen ungesteuerten Familiennachzug. Wir wollen helfen, aber so, wie wir es auch können. Deswegen brauchen wir beim Familiennachzug eine Beschränkung auf Härtefälle. Wir brauchen eine klare Unterscheidung zwischen politisch Verfolgten, Bürgerkriegsflüchtlingen und Einwanderern, die wir als Fachkräfte benötigen. Und wir müssen diejenigen konsequent zurückführen, die nicht bleiben können. Damit steht die FDP zwischen Union und Grünen, wir sehen uns da als Brückenbauer.

Frage: Wie sehr fetzen sich FDP und Grüne bei Energie/Verkehr?

Lambsdorff: Wir setzen auf den Ideenwettbewerb der besten Ingenieure und auf mündige Verbraucher, die das für sie beste Produkt erwerben. Das kann eines Tages ein Elektroauto sein oder eines mit Wasserstoffantrieb, aber auch eines mit einem normalen Motor. Die Grünen wollen uns dagegen eher durch Quoten, Steuern und Verbote in eine bestimmte Richtung lenken. Das ist schon ein Unterschied, aber wir sind davon überzeugt, dass die Erfolgsfaktoren für Deutschland kluge Köpfe, tolle Technik und soziale Marktwirtschaft sind.

Frage: Wo macht die FDP Kompromisse?

Lambsdorff: Wir wollten eine Entlastung der Menschen von 30 bis 40 Milliarden Euro. Das sehen Union und Grüne anders. Deshalb sind wir bereit, erst einmal nur die Abschaffung des Soli zu erreichen. Wir können übrigens trotzdem noch investieren, das zeigt die Steuerschätzung, etwa beim Wohnungsbau. Die FDP will steuerliche Anreize für Bauvorhaben, damit endlich wieder mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.

Frage: Worauf besteht die FDP?

Lambsdorff: Neben einer spürbaren Entlastung im Geldbeutel und dem Einwanderungsgesetz stehen die Schließung der Handy-Funklöcher und die Instandsetzung der Schulen in Deutschland ganz oben auf der Liste.

Frage: Beim Euro-Rettungsschirm hat die FDP eingelenkt, und sie ist offen gegenüber Frankreichs Reformvorschlägen. Wie teuer wird das für Deutschland?

Lambsdorff: Beim Euro ist die ganz klare Linie der FDP, dass wir die finanzielle Eigenverantwortung der Euro-Staaten stärken wollen. Wir wollen keine Geldtöpfe hinstellen, an denen sich jeder bedienen kann. Dann reformiert ja keiner mehr. Aber man muss das ganze Bild sehen. Deutschland profitiert als Exportnation stark von Europa. Insofern ist es eine Milchmädchenrechnung, wenn man nur auf den EU-Haushalt guckt und dann sagt, Europa sei teuer für Deutschland. Und die Exporte gehen wieder stark nach oben. In drei Bereichen kann Europa jedoch das Geld sinnvoller ausgeben: bei der EU-Grenzsicherung, der Fluchtursachenbekämpfung in Afrika und bei Forschung und Technologie.

Frage: Jüngste Enthüllungen (Paradise Papers) zeigen, wie sehr manche EU-Staaten Steuerflucht begünstigen und anderen Ländern Steuergelder entziehen. Wie lange gucken wir noch zu?

Lambsdorff: Diese Praktiken sind eine Sauerei. Die FDP will Steuerwettbewerb. Aber er muss fair sein, denn da geht es nicht nur um Geld, sondern auch um die Zustimmung der Bürger zu Marktwirtschaft, Demokratie und Europa. In diesem Punkt ist sich Jamaika übrigens einig: Wir wollen nicht länger zugucken, sondern mit großem Nachdruck gegen diese Steuertricks vorgehen.

Frage: Donnerstagabend wird über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden. Kann die Sache auf den letzten Metern noch platzen?

Lambsdorff: Die Chancen stehen weiterhin fifty-fifty. Die nächste Woche ist die Woche der Wahrheit für Jamaika.

Frage: Neuwahlen nicht ausgeschlossen?

Lambsdorff: Keiner will Neuwahlen und wir verhandeln für den Erfolg. Aber wenn es nicht passt, dann ist eine Neuwahl in einer Demokratie ein normaler Vorgang. Die FDP hat jedenfalls keine Angst davor.

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